NRWählte mit Frühlingsgefühlen

Am 13. Mai war es endlich so weit: Mitten im Frühling standen verfrühte Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen an. Und für jede Partei stand wohl mehr auf dem Spiel als sonst – die einen bangten um die Fünf Prozent – Hürde, die anderen um mögliche negative Folgen für die Bundesregierung und wieder andere um das Vertrauen ihrer Wähler.

Doch für die meisten Parteien ging es besser aus als gedacht und der NRW-Landtag strahlt nun in schillernden Frühlingsfarben: vom strahlenden gelb und leuchtendem orange über knalliges rot und frischem grün bis hin zu einem – wenn auch etwas tristem – schwarz. Der Frühling ist in den Landtag eingezogen.

Dabei war das Risiko groß, dass die fröhlichste aller Farben gar nicht erst über die Hürde kommt – doch sie hat es geschafft, die FDP. Mit dem neu gehypten Landesvorsitzenden Christian Lindner schaffte es seine Partei auf überraschende (vorläufige) 8,6 Prozent – dabei sagten Experten noch kurz vor der Wahl einen Untergang der FDP voraus. Christian Lindner – der neue Held der gelben Partei? Er hat sie gerettet, jedenfalls in NRW. Es scheint nun eine Frage der Zeit zu sein, bis Lindner den Bundesparteivorsitzenden Philipp Rösler vom Thron stürzt. Das kleine Plus von 1,9 Prozent (im Vergleich zur Wahl 2010) könnte Rösler zum Verhängnis werden.

Als weiterer Sieger der Wahlen geht auch die Piratenpartei hervor: mit vorerst 7,8 Prozent betritt sie zum ersten Mal den Landtag NRWs – 6,2 Prozent mehr als vor zwei Jahren haben sie erhalten. Gerade die Piraten, welche die Nation spalten, die geliebt oder gehasst werden, holen auf und nutzen das politische Durcheinander Deutschlands (aus), um Mitzureden, im industriereichsten Bundesland. Ein Glück für die Kämpfer des Fortschritts. Sie freuen sich und feiern – doch mit wem sie sich wann und wie eine Koalition vorstellen können ist nur begrenzt publik geworden. Für’s erste reicht es den Jungs mit den Augenklappen überhaupt im Landtag zu sitzen.

Die knalligste Farbe hat sich erneut durchgesetzt: mit satten 39,1 Prozent hat die SPD den Sieg für sich erkoren –  4,6 Prozent dazu gewonnen, obwohl sie das Land immer mehr in Richtung Schuldenkrise führte. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ist die neue und alte Regierungschefin und wird vom SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel als mögliche Kanzlerkandidatin betitelt. Ob in Zukunft schwarz oder rot im Bundestag regieren wird – die Wahrscheinlichkeit, dass eine Blondine über Deutschland herrscht, steigt stetig an.

Und mit wem sollte die SPD wohl besser koalieren als mit den Grünen, die es mit einem Verlust von 0,8 Prozent, auf 11,3 Prozent geschafft haben? Verlust hin oder her, gesiegt haben die Grünen Dank der SPD, die sie mit ins Boot holt. Gefreut wird sich darüber, dass die vorherige Minderheitsregierung nun eine Mehrheit vorweisen kann. Die Ansprüche sind wohl dann doch etwas gesunken, bei der grünen Partei, wenn man bedenkt, dass sie noch vor wenigen Monaten bei ihrem Hoch, zur Zeit von Fukushima, über einen grünen Kanzlerkandidaten sinnierte. Wenn’s nach den Wählern geht, kühlt der Trend ins Grüne dann wohl doch wieder ab – das aber, zur Freude der Partei, nur in kleinen Schritten.

Doch wo es Gewinner gibt, da gibt es auch Verlierer: Die Linke schaffte es mit 2,5 Prozent, also einem Verlust von 3,1 Prozent, nicht mehr in den Landtag. Vielleicht wäre es den Wählern zu rot geworden in diesem farbenfrohen Frühling.

Und auch die CDU sackte ein: sie verlor 8,3 Prozent und zieht als zweitstärkste Partei mit 26,3 Prozent in den Landtag ein. Die Folge: Landesvorsitzender Norbert Röttgen tritt zurück, Armin Laschet könnte sein Nachfolger werden. Es war das schlechteste Ergebnis der NRW CDU seit 1947 – ob es am Kandidaten lag oder an der Partei, wird sich spätestens zur Bundestagswahl zeigen.

Saarland, Schleswig-Holstein und nun NRW – im Jahr 2012, in dem regulär keine einzige Landtagswahl stattfinden sollte, fanden bis jetzt drei statt. Schwarz-gelb, schwarz-rot, rot-grün: alle Farbvarianten und –zusammensetzungen sind vorhanden, bei einer Wahlbeteiligung von gerade mal rund 30 bis 60 Prozent.

2012: ein föderaler Staat wählt – jedenfalls in drei von 16 Ländern – und die Ergebnisse sind bunt gemischt.  Für die einen Pech, für die anderen ein Segen. Spannender konnte das Nicht-Wahl-Jahr 2012 bis jetzt kaum werden. Und das schon im Mai, obwohl noch drei Jahreszeiten vor der Tür stehen…

Über Katrin Otrzonsek

Katrin Otrzonsek ist am 23. August 1988 in Aachen (NRW) geboren. Sie besuchte das St. Leonhard Gymnasium und erlangte 2007 ihr Abitur. Anschließend studierte sie an der RWTH Aachen Philosophie und Germanistische & Allgemeine Literaturwissenschaft. 2010 schloss sie das Studium mit dem Bachelor of Arts ab. Ihre Bachelor-Thesis schrieb sie im Rahmen des Seminars Film- und Fernsehanalyse. Seit Herbst 2010 studiert sie an der Medienakademie WAM in Dortmund Radio- und TV-Journalismus / Moderation. Seit 2011 arbeitet sie als freie Journalistin für die Aachener Nachrichten. Zeige alle Beiträge von Katrin Otrzonsek

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